Microsoft SharePoint als IT-Qualitätsmanagement-Software

von Roland Rickborn

In diesem Posting geht es um Microsoft SharePoint in Verwendung als IT-Qualitätsmanagementsoftware.

Übersicht

Bei einem großen Kunden wurde für ca. 45.000 Mitarbeiter ein neues Intranet auf Basis von Microsoft SharePoint 2013 On-premise eingeführt. Eine Teilaufgabe des Projektes bestand in der Unterstützung bei der Qualitätssicherung der entwickelten Erweiterungen, aber auch der Gesamtlösung während der Einführung des Systems. In einer Reihe von Akzeptanztests sollte sichergestellt werden, dass das neue System sowohl aus Endanwender-, als auch aus Benutzersicht für den produktiven Einsatz im Unternehmen geeignet ist. Die Akzeptanztests sollten zu einem Großteil von Mitarbeitern des Unternehmens durchgeführt werden. Der Auftraggeber stellte für diese Aufgabe die schon etwas betagte Qualitätsmanagementsoftware HP Quality Center Tool zur Verfügung.

Aus früherer Erfahrung mit der genannten Software und aus allgemeiner Erfahrung mit Benutzern von Intranets war schnell klar, dass es ein größeres Unterfangen werden würde, den infrage kommenden Teilnehmern der Akzeptanztests die Handhabung dieses Qualitätssicherungstools beizubringen. Wir entschieden uns daher für den sehr pragmatischen Ansatz, SharePoint als IT-Qualitätsmanagementsoftware zu verwenden. Diese Lösung bot aus unserer Sicht einige Vorteile:

  • SharePoint war im Unternehmen sowieso schon vorhanden
  • Alle Beteiligten kannten SharePoint schon (zumindest in Grundzügen)
  • Aufgrund der großen Flexibilität von SharePoint konnten wir das Tool so einfach und intuitiv gestalten, dass es die teilnehmenden Tester mit geringen IT-Kenntnissen und ohne großes Training oder Einarbeitung einfach verwenden konnten
  • Mit dem Tool konnten wir sowohl die Akzeptanztests durchführen, als auch im Nachgang alle gemeldeten Defekte verwalten und mittels Views und Filtern vergleichbar zu einem Ticketsystem mit der IT und externen Partnern austauschen
  • Dank des Exports aus der SharePoint Library nach Microsoft Excel waren wir in der Lage, mit geringem Aufwand übersichtliche Berichte und ansprechende Grafiken fürs Reporting zu erstellen

Unser Setup erlaubte es uns, unkompliziert und flexibel auf die Anzahl der Teilnehmer zu reagieren und kurzfristig neue Teilnehmer hinzuzufügen; genauso konnten wir uns bequem und ohne großen Aufwand einen Überblick zum aktuellen Stand der Tests verschaffen und den Fortschritt im Auge behalten.

Unser „SharePoint Quality Center“ im Detail

Mit unserem pragmatischen Vorschlag galt es, folgende Bereiche der Qualitätssicherung abzudecken:

  • Requirement Specification
  • Test Planning
  • Test Execution
  • Defect Tracking & Management

Requirement Specification

Die Requirements lagen in Form einer Microsoft PowerPoint Präsentation vor, die der Kunde erstellt hat. Wir haben jedem Requirement eine Nummer zugewiesen und in SharePoint entsprechend auf diese Nummer verwiesen.

Test Planning

Der Bereich „Test Planning“ umfasst die beiden Aspekte „Anlegen der Tests“ und die eigentliche Ablaufplanung der Tests, also die zeitliche Koordination der Teilnehmer und die Sicherstellung der korrekten Abarbeitung der einzelnen Testfälle. Die Testfälle haben wir als List Items in SharePoint erfasst. Die eigentliche Beschreibung der Testfälle inklusive genauer Klickfolge und grafische Ergebnisse von Aktionen haben wir in Word Dokumenten festgehalten. Dies hatte einerseits den Vorteil der schnellen Erfassung der Testfälle inklusive der Screenshots, andererseits ist bei jedem Teilnehmer des Tests das Programm Word bereits installiert. Außerdem waren wir uns sicher, dass sich jeder Teilnehmer mit dem Programm Word auskennt (teilweise beinhaltete die Abarbeitung eines Testfalls auch das Eintragen von Ergebnissen in die Word Datei). Die Word Datei mit der Beschreibung des Testfalls haben wir als Dokument in SharePoint abgelegt und im Testfall Item darauf verlinkt. Damit haben wir sichergestellt, dass es zu jedem Testfall eine zugehörige Beschreibung gibt. Weitere Parameter eines Testfall Items waren die Zuordnung zu einer Serie, die Festlegung der Reihenfolge (Testfall Y muss nach Testfall X ausgeführt werden), die ungefähr benötigte Zeit für die Bearbeitung des Testfalls, die Referenz auf das dem Testfall zugrunde liegende Requirement, die Festlegung einer Nutzergruppe (Editor, Approver, etc) und weitere Angaben für geplante Load Tests, anstehende Entwicklungen und für den Review Prozess.

Für den zweiten Aspekt dieses Bereichs, die Ablaufplanung, wurden die Testfall Items mit der Export-Funktion von SharePoint nach Excel exportiert. In einem Excel Sheet haben wir alle Teilnehmer und deren Randbedingungen (der maximale zeitliche Aufwand in Stunden und der Zeitraum, in dem der Teilnehmer zur Verfügung steht) erfasst. Diese Angaben haben wir mit den Testfall Items, also den zur Verfügung stehenden Tests, kombiniert und damit Testserien festgelegt. Das Ziel der Ablaufplanung war, im vorgegebenen zeitlichen Rahmen jeden Testfall in der richtigen Reihenfolge mindestens von zwei unterschiedlichen Teilnehmern bearbeiten zu lassen. Manche Testfälle, die uns besonders wichtig erschienen, wurden von mehreren Testern zu unterschiedlichen Zeiten bearbeitet. Mittels der SharePoint Import-Funktion konnten wir diesen Ablaufplan bequem in eine Liste importieren. Mit dieser Liste konnten wir beispielsweise folgende Aussage treffen „TesterX soll zwischen Tag1 und Tag5 die Testfälle T1, Ta und T3 in der Reihenfolge Ta, T1, T3 bearbeiten“.

Test Execution

Die Durchführung der Akzeptanztests verlief aufgrund der guten Vorarbeit, des intuitiven Layouts der Weboberflächen und der ausführlichen Einführung hinsichtlich der Teilnahme sehr erfolgreich. Die Startseite unserer SharePoint Site haben wir in drei Bereiche aufgeteilt. Der obere Bereich erstreckte sich über die ganze breite und enthielt eine kurze Einführung (kurze Erklärung, Link zum Lehrvideo, Link zum Browsercheck, Link zur Teamsite mit Kontaktdaten). Um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer mit dem erforderlichen Browser (beim Kunden wurde in der Zeit eine neue Browserversion verteilt) arbeiten, haben wir schon im Vorfeld des Testbeginns einen Link zu einer Browsercheck-Seite in SharePoint verteilt. Alle Teilnehmer waren aufgefordert, Ihren Browser (Typ und Version) zu überprüfen. Die Seite, die mit dem Script Editor Web Part und etwas JavaScript gebaut wurde, musste ein grünes „OK“ anzeigen, um an dem Test teilnehmen zu dürfen. Diese Bedingung haben wir bei der anschließenden Bearbeitung der Testfälle lediglich schriftlich abgefragt, aber nicht mehr technisch überprüft. Die Startseite zeigte weiterhin zwei nebeneinander liegende Bereiche. Der linke Bereich hatte die rote Überschrift „Test Cases (open)“, der rechte die grüne Überschrift „Test Cases (done)“. Die beiden Bereiche zeigten jeweils gefilterte Ansichten, die in etwa so aufgebaut waren:

  • Links alle dem aktuellen Teilnehmer zugeordneten Testfälle, in der korrekten Reihenfolge sortiert, mit dem Status „noch zu bearbeiten“.
  • Rechts alle dem aktuellen Teilnehmer zugeordneten Testfälle mit dem Status „bereits bearbeitet“.

Den Teilnehmern haben wir erklärt, jeder Teilnehmer müsse oben links mit dem ersten Testfall beginnen. Dort gab es für jeden Testfall einen Knopf zum Bearbeiten des Testfalls. Damit wurde der Testfall in einem schwebenden Dialog geöffnet. Der Teilnehmer konnte darin das verknüpfte Word Dokument öffnen und die Beschreibung des Testfalls anschauen. Darin fand er einen Link, der ihn zum Testsystem führte, wo er den beschriebenen Ablauf des Tests vornehmen konnte. Am Ende der Bearbeitung oder im Fehlerfall sollte das Browserfenster des Testfalls geschlossen werden. Im schwebenden Dialog sollte der Teilnehmer dann den Status von „noch zu bearbeiten“ ändern auf „bereits bearbeitet“, wobei es die beiden Optionen „bereits bearbeitet (OK)“ und „bereits bearbeitet (Fehler)“ gab. Im letzteren Fall wurde zusätzlich ein Texteingabefeld (als Pflichtfeld) angezeigt, in welches eine Fehlerbeschreibung eingegeben werden sollte. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, einen Dateianhang (z.B. Screenshot) an den Testfall anzuhängen. Jeder auf diese Weise bearbeitete Testfall verschwand danach auf der linken Seite des „Arbeitsplans“ und wurde stattdessen auf der rechten Seite angezeigt. Den Teilnehmern erklärten wir, dass der Test abgeschlossen sei, wenn alle Testfälle von links nach rechts gewandert sind. Über einen Counter, der in die Ansichten links und rechts eingebaut war, konnte jeder Teilnehmer sehen, wie viel Testfälle er schon erledigt hatte und wie viele noch auf ihn warteten.

Defect Tracking & Management

Für Reports zum aktuellen Stand der Akzeptanztests haben wir wieder die Export-Funktion (dieses Mal mit der Liste der Testfälle pro Teilnehmer) angewendet und anschließend die Report- und Analyse-Funktionen von Excel verwendet. Damit konnten wir mit geringem Aufwand aktuelle und aussagekräftige Reports präsentieren und den Kunden gut über den aktuellen Stand und den Verlauf der Tests informieren.

Mit der Copy-Funktion der Item List in SharePoint konnten wir die Testfall Items, die den Status „bereits bearbeitet (Fehler)“ hatten, in unsere Defects Liste kopieren (nach vorhergehender Überprüfung). Die Items in der Defects Liste hatten zusätzliche Eigenschaften (z.B. erwartetes Ergebnis, Maßnahmen, die zu ergreifen sind, andere Status, etc.). Diese Items dienten uns und der IT des Kunden zum Management der aufgetretenen Defekte. Mit diversen Ansichten (offene Defekte, in Bearbeitung, Rückfragen, geschlossen), sowie mit der Benachrichtigung per Mail bei Änderung und der Zuweisung von Defekten an Personen war jeder Projektteilnehmer immer umfangreich über den aktuellen Stand informiert.

Fazit

Microsoft SharePoint kann aufgrund seiner Flexibilität auch gut als Qualitätsmanagementsoftware herangezogen werden, sofern man nur grundlegende Anforderungen an den QS-Prozess hat. Unser pragmatischer Ansatz hat sich als sehr gelungen erwiesen. Die Testteilnehmer konnten mit dem Tool gut umgehen und hatten keine Schwierigkeiten damit. Es stellte sich sogar ein Gewöhnungseffekt ein. Die große Flexibilität von SharePoint erlaubte es uns, auf alle Situationen und Anforderungen eingehen zu können.

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